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Der Nordkurier

Regionalzeitung hat Rassismus für sich entdeckt

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Woher kommt eigentlich der Rassismus in der Bevölkerung? Von Regionalzeitungen, wie dem Nordkurier? Nee nee Leute, das sind doch Journalisten. Die haben sogar ein Regionalmonopol mit über 60.000 Lesern. Damit geht man verantwortungsvoll um! Hoffte ich immer. Die Wahrheit ist aber: Die Einige Leute vom Nordkurier sind waschechte Rassisten, die die Mordfantasien ihrer Leser erst schüren und anschließend auf ihren Kanälen dulden. Damit verletzen sie gleichzeitig den Pressekodex und das Grundgesetz.

In Neubrandenburg wollte ein Mann ne Oma überfallen, ist gescheitert und wurde von der Polizei erst gefasst und später wieder freigelassen. Die Oma ist dabei auch noch hingefallen. Wenn das so passiert ist, ist es zu bestrafen, keine Frage. Das finden auch die Leser. Die regen sich in der Kommentarspalte auf Facebook ganz doll auf, also so wirklich doll.

Aber es geht dabei gar nicht so sehr um die Tat, sondern um was ganz Anderes. Denn das Schlimmste kommt erst noch: Der Täter ist wohl aus Ghana. Versteht ihr? Aus Ghana! Afrika sozusagen! DAS IST EIN AFRIKANER! Die, die da herkommen, sind alle schwarz! So siehts doch wohl mal aus. Das gibts ja nicht, einer aus Ghana oder was?! Aber die Story ist noch gar nicht am Gipfel. Denn das ganz große Ding hat der Nordkurier auch noch recherchiert. Das haut euch um: Also die Oma jetzt, das ist wohl - eine Deutsche. So!

Da wurde nicht einfach eine Oma von einem Mann überfallen, sondern eine Deutsche von einem Ghanaer oder Ghanesen, also diesem Schwarzen! Das ist doch mal ne 1A-Story! Auf jeden Fall sind sich die Leser des Nordkuriers nicht ganz einig, wie denn der AFRIKANER nun behandelt werden sollte. Einer schreibt, der müsste »entsorgt« werden, der Nächste, er müsse für immer in den Steinbruch, aber ein anderer entgegnet, der muss doch lieber »eingeschläfert« werden, ein noch ganz Anderer will, dass er doch lieber anders getötet werden sollte, also nicht einfach so, sondern er müsse jetzt eher in einem Boot auf dem Meer ausgesetzt und dann von Haien gefressen werden.

Es bleibt aber spannend, denn die Diskussion beim Nordkurier ist noch nicht ganz zu Ende. Mindestens zehn Leser bieten - mutmaßlich unter Klarnamen - Selbstjustiz an. Wenn ihnen jemand ein Foto vom Gesicht des vermeintlichen Täters und dessen Adresse zuspielen würde, so schreiben sie, dann würden sie DA MAL AUFRÄUMEN! Der Post wird 1.113 Mal bei Facebook geteilt, ein normaler Post des Nordkuriers dümpelt im Schnitt bei zehn Teilungen oder weniger.

Manchmal ist es nicht ganz leicht, bei Facebook alle Rassisten unter Kontrolle zu bringen. Manchmal laufen Überschriften in eine falsche Richtung. Manchmal ist alles ein großes Missverständnis. Beim Nordkurier ist das leider nicht der Fall. Er arbeitet systematisch und gezielt mit Rassismus.

Solche Artikel gibt es massenhaft. Eritreer, Somalier, Marokkaner - der Nordkurier hat sie alle! Oder mal ne Moschee, die es gar nicht gibt? Bitte was? Ja, die haben echt mal in einer fetzigen Überschrift gefragt, ob in Neubrandenburg eine Moschee gebaut wird, um dann im Artikel klarzustellen, nein, da wird eine Pflegeeinrichtung gebaut. Lustig, oder? Wie gelassen wohl die Leser bei Facebook kommentiert haben? Oder einfach mal »Afrikaner« schreiben, weil doch die Schwarzen irgendwie alle aus Afrika kommen? Das geht auch!

So läuft das regelmäßig. Der Nordkurier formuliert erst einen solchen auf die Herkunft gerichteten Satz, der eine hetzerische Funktion übernimmt und hat im Nachhinein keine Probleme mit Leserkommentaren, die die Menschenwürde missachten und offen zu Gewalt und Mord aufrufen. Die werden weder gelöscht, noch kommentiert - sondern einfach stehengelassen.

Warum macht der Nordkurier das? Weil es funktioniert. Die Reichweite eines solchen Artikels ist etwa 80-mal größer als ein Nordkurier-Artikel ohne Rassismus. Es gibt eine Studie, die zeigt, dass Deutsche zwar zu 69,4 Prozent in der Polizeistatistik vorkommen, aber nur zu 2,9 Prozent von den Zeitungen genannt werden. Bei nicht-deutschen Tätern ist es andersrum. Sie werden überproportional häufig genannt. Beim Nordkurier ist die Sache aber plumper, die grundlose Markierung einer Nationalität in den Überschriften und vor allem die Duldung der Gewaltandrohung in der Facebook-Kommentarspalte ist Standard.

Ganz sicher ist das nicht die einzige regionale Zeitung, die dermaßen verantwortungslos arbeitet. Die Veröffentlichung dieser Artikel ist auch noch kein Rassismus, sondern erstmal nur national fokussiert und hetzerisch - die Leserreaktionen sind aber durchaus rassistisch und an vielen Stellen auch faschistisch. Dass der Nordkurier solche Kommentare immer wieder provoziert, hat Systematik, dass er die Kommentare hinterher stehenlässt, wirft ein ganz schlechtes Bild auf die Journalisten aus Neubrandenburg.

Was macht der Nordkurier eigentlich, wenn der Täter deutsch ist und das Opfer nicht? Er schreibt dann erstmal keine Nationen in die Überschrift und erwähnt im Artikel lediglich, der Täter sei ein Mann aus der Region. Schlau gemacht, oder? Nicht, dass noch einer auf die Idee kommt, Deutsche mit Tätern zu assoziieren, sie sind ja schon die Opfer und wenn man das jetzt differenziert hinschreiben würde, kommen die Leser am Ende noch ganz durcheinander. Ein Artikel über zwei Deutsche (sorry, »aus der Region«), die zwei Männer aus Eritrea erst verprügelt, anschließend Hunde auf sie gehetzt und danach deren Fahrräder weggeschmissen haben, interessiert den Nordkurier-Leser sowieso nicht. Keine Diskussion, keine Teilung bei Facebook.

Sollte übrigens doch keine Systematik dahinterstehen, sind die Nordkurier-Redakteure einfach schlimme Idioten, aber das glaube ich tatsächlich nicht. Ich glaube, die haben irgendwann mal rausgefunden, welche Artikel bei ihnen ganz gut laufen und das waren nun mal die hetzerischen - Ausländer schlecht, Einheimischer gut - Afrikaner greift Deutschen an - die gegen uns.

Man sollte diese Zeitungen mindestens auf den Pressekodex hinweisen. Der hat zur »Herkunft von Straftätern« genaue Leitlinien verfasst:

»In der Berichterstattung über Straftaten ist darauf zu achten, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte.« - Der Nordkurier verletzt diese Leitlinie in extremer Weise. Warum es diese Leitlinie gibt, zeigt sich unter dem Facebookpost.

Übrigens hat der Nordkurier fast das gleiche Logo wie die rechtsextreme AfD-Gruppierung »Der Flügel«. Die AfD und die rechte Zeitung haben natürlich nichts miteinander zu tun, aber seitdem mir das aufgefallen ist, muss ich bei dem einen Logo immer an das andere denken.

EDIT 11.08.2020 - 10:20 Uhr
In der ersten Version hieß es
»Die Leute vom Nordkurier sind waschechte Rassisten, die die Mordfantasien ihrer Leser erst schüren und anschließend auf ihren Kanälen dulden. Damit verletzen sie gleichzeitig den Pressekodex und das Grundgesetz.«

Die verbesserte Version:

»Einige Leute vom Nordkurier sind waschechte Rassisten, die die Mordfantasien ihrer Leser erst schüren und anschließend auf ihren Kanälen dulden. Damit verletzen sie gleichzeitig den Pressekodex und das Grundgesetz.«

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Autor:innen

Der Herausgeber von KATAPULT und Chefredakteur von KATAPULTU ist einsprachig in Wusterhusen bei Lubmin in der Nähe von Spandowerhagen aufgewachsen, studierte Politikwissenschaft und gründete während seines Studiums das KATAPULT-Magazin.

Aktuell pausiert er erfolgreich eine Promotion im Bereich der Politischen Theorie zum Thema »Die Theorie der radikalen Demokratie und die Potentiale ihrer Instrumentalisierung durch Rechtspopulisten«.

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Die Redaktion (Roman)

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