Der deutsche Innenminister Horst Seehofer wollte an Abschiebungen nach Afghanistan festhalten. Trotz breiter Proteste aus der deutschen Zivilgesellschaft und entgegen der Empfehlung des deutschen Botschafters in Kabul, warnte Seehofer vor einer Aussetzung der Abschiebungen. Um diese hatte auch die afghanische Regierung erst vor Kurzem dringend gebeten. In einem Brief an die EU-Kommission, den Seehofer zusammen mit fünf Amtskollegen verfasst hatte, wies er auf die falschen Anreize hin, die eine solche Aussetzung haben könne. Sie würde vermutlich dazu führen, dass mehr Afghan:innen in Richtung EU fliehen. Die europäische Staatengemeinschaft ist in der Frage gespalten, wie aktuell mit Abschiebungen nach Afghanistan umzugehen sei. Auch zwischen den Parteien im Bundestag herrschte Uneinigkeit. CDU, FDP und AfD etwa forderten fortlaufende Abschiebungen afghanischer Staatsbürger:innen, die schwere Straftaten begangen haben. Grüne und die Linkspartei hingegen plädierten für deren Aussetzung. Besonders brisant ist diese Frage für die Grünen. Als Teil deutscher Landesregierungen, etwa in Schleswig-Holstein, Hessen oder Baden-Württemberg, haben sie umstrittene Abschiebungen in den letzten Jahren mitgetragen - nicht zuletzt gegen den Widerstand der eigenen Basis. Sicher genug - zumindest für Menschen mit afghanischem Pass Eine neue Beurteilung der Situation in Afghanistan durch das Auswärtige Amt könnte die innerparteilichen Spannungen zu reduzieren helfen, denn: Ausweisungen und Abschiebungen sind in Deutschland eigentlich Sache des Bundes. Die Einschätzung des Auswärtigen Amtes bildet die Entscheidungsgrundlage für die Länder. Die letzte Analyse datiert vom Mai 2021 und gilt als vollständig überholt. Eine neue Beurteilung der Gefahrenlage vor Ort ist allerdings in Arbeit. Dieser greift das Innenministerium nun vorweg und setzt Abschiebungen nach Afghanistan vorerst aus. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abos. Unterstütze unsere Arbeit und abonniere das Magazin gedruckt oder als E-Paper ab 19,90 Euro im Jahr! KATAPULT abonnieren