»Es gibt keine Wahl auf der Welt, die teurer ist als das Rennen um das Weiße Haus.« Hillary Clinton standen in der ersten Wahlkampfphase um die 315 Millionen US-Dollar zur Verfügung, Donald Trump 125 Millionen. Diese Summen setzen sich aus Individualspenden, Eigenvermögen der Kandidaten, Abgaben der Partei sowie Spenden der »PACs« zusammen. Letztere machen bei Clinton den Großteil der Einnahmen aus. PACs, Political Action Committees, sind Lobbygruppen, die Abgeordnete oder Wahlkämpfer finanziell unterstützen. Hierbei unterliegen sie bestimmten gesetzlichen Regeln – unter anderem gibt es eine Höchstgrenze für Spenden, um politische Einflussnahme zu begrenzen. Allerdings ermöglicht ein Gerichtsurteil, die Citizens-United-Entscheidung des Supreme Court von 2010, die sogenannten Super-PACs. Durch dieses Gerichtsurteil können Einzelpersonen sowie Unternehmen und Verbände unbegrenzt hohe Beträge an die Super-PACs spenden, um ihren Kandidaten zu helfen. Zum Grundrecht auf Meinungsfreiheit zählten politische Spenden, so der Supreme Court. Sie dürfen das Geld nur nicht direkt an den Kandidaten überweisen oder sich mit dessen Wahlkampfteam absprechen. Denn auch Direktspenden an den Kandidaten, sei es von Einzelpersonen oder PACs, sind in ihrer Höhe beschränkt. 158 Das eigentliche Problem liegt allerdings nicht in der Existenz der PACs oder darin, dass die Kandidaten in den USA Spenden für Wahlkampfkampagnen annehmen. Zu befürchten ist die politische Einflussnahme der einzelnen Spender. Grafik herunterladen Nach einer Studie der New York Times wird fast die Hälfte des gesamten Wahlkampfgeldes allein von 158 reichen Familien beigesteuert. Die Spender sind vor allem weiße, ältere Männer und meistens unterstützen sie mit ihrem Vermögen Republikaner. Die Studie vom Oktober 2015 bezieht sich auf die erste Phase des Präsidentschaftswahlkampfes. »Seit Watergate haben nicht mehr so wenige Personen und Unternehmen so viel Geld für den Wahlkampf zur Verfügung gestellt, das meiste durch Kanäle, die der Supreme Court in seiner Citizens-United-Entscheidung [...] legalisiert hat.« Die Rede ist hier von den Super-PACs. Im Zweifel für die Reichen Interessanter noch als die Geldleistung der Unterstützer ist die erwartete Gegenleistung der Kandidaten und späteren Präsidenten. Werden politische Entscheidungen eher zugunsten weniger reicher Amerikaner als im Sinne der vielen Normalverdiener getroffen? Wissenschaftler der Universitäten Princeton und Northwestern testeten diesen Einfluss in einer empirischen Studie. Sie unterschieden dabei zwischen reichen Eliten und Gruppierungen, die wirtschaftliche Interessen verfolgen, auf der einen Seite sowie Bürgern mit Durchschnittseinkommen und deren Interessengruppen auf der anderen Seite. Bei der Untersuchung wurden Umfragen aus den Jahren 1981 bis 2002 ausgewertet. In diesen wurden Vertreter der vier oben genannten Gruppen gefragt, ob sie eine bevorstehende politische Reform befürworten oder ablehnen. Dann verglichen die Wissenschaftler die in den Umfragen geäußerten Meinungen mit den nach der Umfrage tatsächlich getroffenen politischen Entscheidungen. Wünschen Einkommensstarke etwas anderes als der »Durchschnittsbürger«, entscheidet die Politik regelmäßig zugunsten der ersten Gruppe Politische Änderungen werden vor allem dann durchgeführt, wenn ein Großteil der Bevölkerung – also beide Gehaltsgruppen – ihr zustimmen, so ein Resultat der Studie. Interessant ist aber: Wünschen Einkommensstarke etwas anderes als der »Durchschnittsbürger«, entscheidet die Politik regelmäßig zugunsten der ersten Gruppe. »Die Analyse legt nahe, dass reiche Eliten und organisierte Gruppen, die wirtschaftliche Interessen vertreten, einen substanziellen Einfluss auf die US-Politik haben, Bürger mit durchschnittlichem Einkommen oder Gruppen, die die breite Masse vertreten, kaum oder keinen.« Reiche Amerikaner können mit ihrem Geld also nicht nur entscheiden, wer die Wahl gewinnt, sondern auch, welche konkreten politischen Entscheidungen getroffen werden. Auch die Mehrheit der Amerikaner gibt an, dass Geld einen zu großen Einfluss auf Politiker habe, und wünscht sich eine Änderung der Wahlkampffinanzierung. Grafik herunterladen Liebe kann man nicht kaufen Die Idee hinter dem amerikanischen Wahlkampfsystem und den Spenden ist fragwürdig. Eigentlich soll mit der Möglichkeit der Spenden und PACs sichergestellt werden, dass nicht nur wohlhabende Amerikaner am Wahlkampf teilnehmen können. Auch solche Kandidaten sollen eine Chance haben, die sich mit ihrem eigenen Vermögen keine teuren Kampagnen leisten können. Nun ist es aber so, dass dieses System gerade den Einkommensstarken in die Hände spielt. Auch Donald Trump profitiert davon: Er inszeniert sich gerne als einzig ehrlicher und unabhängiger Wahlkampfkandidat, der auf Spender – die eine Gegenleistung verlangen könnten – nicht angewiesen ist. Er könne den Wahlkampf mit seinem eigenen Vermögen stemmen. Dabei scheut er nicht davor zurück, seine Konkurrenten zu verleumden: »Immer wenn Clinton Geld sammelt, macht sie Deals [...]. Das Geld, das sie sammelt, ist Mörderlohn.« Die Wahlkampfunterstützung durch hohe Spenden scheint aus weiteren Gründen widersinnig. So kann bestenfalls Bekanntheit »erkauft« werden, die Gunst der Wähler hat der Kandidat damit noch nicht gewonnen. Jeb Bush erhielt in der ersten Wahlkampfphase fast 40-mal mehr Spendengelder als Bernie Sanders. Bush schied schnell aus dem Rennen aus, Sanders hielt sich bis zum Juli dieses Jahres. Er finanzierte sich vor allem durch kleine Einzelspenden Die besten Beispiele hierfür sind Jeb Bush und Bernie Sanders: Ersterer galt zunächst als aussichtsreichster Kandidat der Republikaner und erhielt in der ersten Wahlkampfphase fast 200.000 US-Dollar von PACs, Bernie Sanders als Außenseiter erhielt nur um die 5.000 US-Dollar. Bush schied schnell aus dem Rennen aus, Sanders hielt sich bis zum Juli dieses Jahres. Er finanzierte sich vor allem durch kleine Einzelspenden. Außerdem ist anzunehmen, dass viele der Kandidaten nicht auf Selbstvermarktung angewiesen und ohnehin bekannt genug sind. Trump war schon Immobilienmagnat, bevor er kandidierte, Hillary Clinton First Lady neben Bill Clinton und Außenministerin im Kabinett Obama, Jeb Bush ist der Bruder des ehemaligen Präsidenten George W. Bush. Geld zur Bewerbung der eigenen Person benötigen sie also nicht. Meinungsfreiheit auf Kosten der Demokratie Wollen die USA ihre demokratischen Grundsätze nicht aufs Spiel setzen, sollte die Politik auf die momentane Entwicklung hin zu einer Oligarchie reagieren. Dafür gäbe es verschiedene Möglichkeiten: entweder durch eine Änderung des amerikanischen Systems der Wahlkampffinanzierung, oder indem der Einfluss der Wirtschaft auf die Politik staatlich beschränkt wird. Hierzu könnten höhere Beiträge von Parteimitgliedern verlangt, staatliche Zuschüsse gegeben oder das aufwendige US-Wahlverfahren verkürzt und vereinfacht werden. Die Kandidaten investieren häufig sehr viel Geld allein in die Vorwahlen oder in pompöse Nominierungsfeiern. Auch eine Wiedereinführung der Spendenhöchstgrenze wäre denkbar. Nach Ansicht des Supreme Court sind unbegrenzt hohe Spenden Teil der Meinungsfreiheit. Gerät dadurch allerdings die Gleichheit der politischen Mitsprache ins Wanken – der eigentliche Kern einer Demokratie –, muss abgewogen werden, welcher Grundsatz höher wiegt. Aktuelle Ausgabe Dieser Beitrag erschien in der 3. Ausgabe von KATAPULT. Unterstützen Sie uns und abonnieren Sie KATAPULT für 19,90 Euro im Jahr. KATAPULT abonnieren