Der rbb (Rundfunk Berlin-Brandenburg) erlebt gerade einen noch nie dagewesenen Skandal. Im Mittelpunkt: die Intendantin Patricia Schlesinger. Es geht um Luxusdienstwagen, maßlose Gehälter, Vetternwirtschaft und eine äußerst kostspielige Renovierung. 17.000 Euro für einen italienischen Parkettboden, 7.500 Euro für eine vertikale Pflanzenwand, 20.000 Euro für eine nicht näher definierte Anzahl an Couchen - das sind nur einige der Rechnungsposten aus der Umgestaltung der rbb-Führungsetage. Unverändert sind im Unterschied dazu die Ausgaben für Gehälter von Praktikant:innen. Dafür fallen nämlich immer noch null Euro an. Und das, obwohl die Debatte um Zugangshürden in den Journalismus unverändert aktuell ist. Was hat sich bei den anderen öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten getan? Zuerst die guten Nachrichten. In einigen Landesrundfunkanstalten wurden die Beschäftigungsbedingungen tatsächlich verbessert. So zahlt beispielsweise der SWR für redaktionelle Praktika mittlerweile eine monatliche Vergütung von 500 Euro. Im vergangenen Jahr arbeiteten Praktikant:innen dort noch unvergütet. Der Mitteldeutsche Rundfunk zahlt je nach Bereich zwischen 300 und 400 Euro pro Monat. Eine Reihe von Rundfunkanstalten haben ihre Vergütungen ausgebaut. Der Bayerischen Rundfunk, der schon im letzten Jahr am besten bezahlte, hat seine Vergütung beispielsweise um 52 Euro angehoben, der Hessische Rundfunk um 16 Euro und der Westdeutsche Rundfunk immerhin um 10 Euro. Außerdem bezuschusst der Hessische Rundfunk Mietkosten. Mit 173 Euro im Monat müssten Praktikant:innen zwar vielleicht in Harry Potter-ähnlicher Manier unter einer Treppe hausen, aber eine Tendenz in die richtige Richtung ist zu erkennen.  Die übrigen Rundfunkanstalten (Südwestrundfunk, Norddeutscher Rundfunk, Saarländischer Rundfunk und Radio Bremen) vergüten Praktika mit einer Länge von unter drei Monaten weiterhin nicht. Die Argumente sind bekannt. Praktikant:innen würden keine vollwertige Arbeit leisten und verursachen zudem Kosten, weil sie betreut werden müssen. Fakt ist aber auch: Die meisten Medien setzen journalistische Arbeitspraxis voraus - am besten in mehreren Redaktionen. So sind die Praktikant:innen besser ausgebildet als je zuvor und längst nicht so unerfahren, wie sie dargestellt werden. Sie leisten teilweise dieselbe Arbeit, die vollbezahlte Angestellte auch leisten würden, nur eben zum Nulltarif. Damit wird eine Generation Journalist:innen herangezogen, die an chronische Unterbezahlung gewöhnt ist. Schlechte Ausgangsbedingungen für eine Branche, in der prekäre Beschäftigungsbedingungen weiterhin die Regel, nicht die Ausnahme sind.  Zudem bilden Praktika häufig die Basis für eine journalistische Karriere. Heißt: Nur wer früh genügend Praxiserfahrung sammeln kann, kann später in dem Beruf erfolgreich sein. Obwohl mittlerweile die meisten Unternehmen explizit Diversity in ihren Redaktionen fördern wollen, wird die strukturelle Benachteiligung von finanziell schwachen Menschen immer noch weitgehend toleriert. Die Landesstudios des Öffentlich-Rechtlichen Rundfunks sind allesamt in Großstädten angesiedelt, nur wer genügend Eigenkapital mitbringt, um sich beispielsweise eine Wohnung zu leisten, hat überhaupt die Chance, hier Erfahrungen zu sammeln. Der Skandal um Patricia Schlesinger regt auch die Debatte um den Rundfunkbeitrag neu an. Denn: Gehälter, Umbaumaßnahmen, Boni und Dienstwagen mit Massagefunktion werden natürlich auch aus dem Rundfunkbeitrag bezahlt. Ein Geschenk für die, die den öffentlich-rechtlichen Rundfunk am liebsten ganz abschaffen würden. Dabei zeigt gerade die kritische Berichterstattung des rbb selbst: Die Idee eines unabhängigen, öffentlich finanzierten Journalismus funktioniert. Gut ausgebildete Journalist:innen lohnen sich - für die Medien, aber auch für die Gesellschaft. Der rbb zieht indes Konsequenzen: Schlesinger wird fristlos entlassen. Aktuelle Ausgabe KATAPULT ist gemeinnützig und unabhängig. Wir finanzieren uns durch Spenden und Abos. Unterstütze unsere Arbeit und abonniere das Magazin gedruckt oder als E-Paper ab 19,90 Euro im Jahr! KATAPULT abonnieren