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Wahlen in Georgien

Französin wird Präsidentin Georgiens

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In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen setzte sich Surabischwili mit einem Stimmenanteil von knapp 60 Prozent gegen ihren Kontrahenten Grigol Waschadse, ehemaliger Außenminister Georgiens, durch. Surabischwili wird von der georgischen Bevölkerung zwar weitestgehend unterstützt, von ihren politischen Gegnern jedoch auch heftig kritisiert.

Georgien ist aufgrund seiner konfliktbehafteten Vergangenheit ein Krisenherd in der Region. Durch die Separationskämpfe der georgischen Regionen Südossetien und Abchasien ist das Land kulturell und politisch gespalten. Die beiden de facto unabhängigen Regionen wurden im Kaukasuskrieg im Jahr 2008 von Russland militärisch unterstützt, verfügen über eigene Regierungen und sehen sich als Teil des russischen Kulturraums. Die Politik der Regierung in der Hauptstadt Tiflis hat seit Ende des Krieges in beiden Regionen keinerlei Einfluss mehr.

Im Rest des Landes zeichnet sich jedoch ein anderes Bild ab. Die Gesellschaft orientiert sich eher an der Europäischen Union als am russischen Nachbarn, wird offener und moderner. Das zeigte sich auch bei der Wahl Surabischwilis. Die gebürtige Französin beherrscht zwar die Landessprache nicht akzentfrei und erlangte die georgische Staatsbürgerschaft erst, kurz bevor sie 2004 Außenministerin Georgiens wurde. Allerdings verkörpert sie den Wunsch vieler Georgier nach europäischer Integration und der Liberalisierung der Gesellschaft nach westlichem Vorbild - ein Prozess, der sich vor allem in der Hauptstadt Tiflis zeigt. Dort entwickelte sich in den letzten Jahren beispielsweise eine international beliebte Technoszene.

Surabischwilis Wahl wird aber nicht von allen Georgiern als positiv und fortschrittlich bewertet. Ihre Gegner kritisieren ihre französische Herkunft, ihre Ausbildung an verschiedenen Eliteuniversitäten in Paris und New York und stellen ihre Loyalität zur georgischen Bevölkerung infrage. Ihre politischen Anfänge machte die neue Präsidentin als Diplomatin im Staatsdienst Frankreichs. So arbeitete sie über 30 Jahre lang als französische Vertreterin unter anderem bei den Vereinten Nationen und der NATO. Der wohl häufigste Kritikpunkt ist jedoch ihre Äußerung zum Kaukasuskrieg: Surabischwili gibt Georgien eine Mitschuld an der Eskalation des Konflikts mit Russland und den abtrünnigen Regionen und hat damit vor allem die konservativen Kräfte im Land verärgert.


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